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Kategorie: Künstleralltag

Schreibsommer

Die meisten Menschen stellen sich vor, dass Schreibende vor allem in den dunkleren Jahreszeiten gerne schreiben: Unfreundliches Wetter lade ein, im Haus zu bleiben, nichts lenke ab und verführe, nach draußen gehen zu wollen, es gebe also nichts Besseres zu tun, als zu arbeiten. Für mich stimmt das kaum, und im Laufe der Jahre sind mir meine Schreibsommer immer wichtiger geworden, auch wenn ihre Bedeutung sich stark geändert hat. Als Kind und Jugendliche war ich leider eine zu fleißige kleine Person, die das Wort „Pause“ nicht kennen wollte. Lesen, Lernen, Schreiben waren mein Lebensinhalt, und Schulferien und jede Tätigkeit fernab…

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Von alten Schreibfreunden

Langsam wird es etwas wärmer. Die Sonne scheint häufiger, die Gärten rund um das TextLoft verwandeln sich. Saftig-frisches Grün atmet sich mit tiefen Zügen aus der noch feuchten dunklen Erde frei. Rotkehlchen und Heckenbraunellen arbeiten fleißig am Nestbau, während die Amseln offenbar bereits den Nachwuchs versorgen. Mai ist ein Monat ganz aus Licht, hellen Farben und klaren, geraden Formen. Entspannung und Erleichterung hängen in der Luft, in der der Winter endlich nicht mehr nachhallt. Zu meinen besonderen Begleitern durch diese unvergleichlichen Wochen des Jahres gehörte seit unserem Umzug hierher ein großer Flieder, der wohl vor sehr langer Zeit jenseits eines…

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Winter

Es könnte ein schönes Bild sein. Draußen herrscht Eiseskälte. Die kahlen Bäume zeichnen einsam ihre Schriften in den grau-weißen Himmel. Filigraner Frost verziert vergessenes Laub. Meisen, Rotkehlchen und Eichhörnchen streiten um die Futterstelle. Vielleicht liegt auch Schnee, weiß und knirschend. Im Inneren des Hauses wird in wohliger Wärme geschrieben, Seite um Seite, während Wolken und Nacht von dem goldenen Licht der Schreibtischlampe fröhlich und umschmeichelnd durchbrochen werden. An diesen Tagen, an denen das Thermometer im Münsterland sich hartnäckig an die Null-Grad-Marke klammert, versuche ich oft, mir dieses Klischee vorzustellen. Ich weiß noch, dass ich es gelebt habe. Es scheint mir…

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Über die Jahrhunderte hinweg

Zu dem „Spendenbutton“ auf meiner Website habe ich ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Es ist nicht so, dass er mir zu Reichtum verhelfen würde. Aber seine Bedeutung gefällt mir. Er symbolisiert mein Selbstverständnis, das, was meine Arbeit ausmacht. Er erinnert mich sozusagen daran, was ich bin und tue. Vor allem verbindet er mich mit einer jahrhundertealten Tradition und mit dem künstlerischen Wesen meiner Arbeit. Zu allen Zeiten hatten Künstler vier Möglichkeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten: Brotjobs, Lehrtätigkeiten, Auftragsarbeiten und Mäzenatentum. Brotjobs  – also Beschäftigungen, die das Einkommen sichern sollen, aber ganz und gar kunstfremd sind, können Vor‑ und Nachteile haben.…

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Nach dem Sturm

Es sind die seltsamen Zeiten, die das Schreiben vorübergehend verändern. Für einige Stunden, Tage oder Wochen ist es nicht mehr Malerei. Es wird Erzählung und Chronik. Das Bedürfnis, festzuhalten und zu bewahren, nimmt auf einmal einen anderen Charakter an. Es ist nicht mehr ästhetischer Natur. Es wird persönlicher, journalistischer, sozusagen „historischer“. Es wird Zeugnis. Während der Alltag stillsteht, die Uhr keine Rolle mehr spielt und Pläne ins dumpfe und farblose Nichts der Dringlichkeit verschwinden, bemächtigen sich die Ereignisse der Worte und Zeilen, schaffen in unseren Erinnerungen neue, ungewollte Räume, beenden Geschichten, vernichten Biographien. So der 28. Juli in Münster. In…

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Zuhause

Lange Zeit hatte ich die Orte, an denen ich schrieb, nur von innen betrachtet. Idealerweise sollten sie so eingerichtet sein, wie ich es für richtig hielt, meinen ästhetischen Erwartungen genügen, und bis zu einem gewissen, weit weniger entscheidenden Grad auch praktische Aspekte erfüllen. Allerdings war sowohl das eine als auch das andere kaum möglich, denn meine Schreibplätze waren immer eng bemessen. Nachdem ich mein Studentenzimmer verlassen hatte – diesen Raum hatte ich geliebt, und ich verbinde heute noch meine schönsten Erinnerungen mit ihm –, musste ich viele Kompromisse eingehen. Dreizehn Jahre lang war mein sogenanntes Büro eine winzige Ecke in…

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Wenn alte Freunde sterben

Freundschaften zu pflegen, ist nicht immer einfach. Im Laufe der Zeit ändern sich Dinge, Orte und Menschen. Werte und Prioritäten, Vergangenheit und Zukunft kollidieren zuweilen. Geschichten scheinen an Bedeutung zu verlieren, Gemeinsamkeiten verblassen. Selten und immer seltener begleiten einen Freunde wirklich ein Leben lang. Dies ist umso mehr der Fall, wenn man einen eher künstlerischen Beruf ergreift. Unkonventionelle Tagesabläufe, die egozentrische Konzentration auf für Außenstehende kaum nachvollziehbare Inhalte und die kompromisslose Selbstaufgabe, die mit den paradoxen Verpflichtungen eines Freien einhergehen, sind wenig förderlich. Missverständnisse und ausgelassene Gelegenheiten treiben in ewig fruchtbar gewähnte Böden unmerklich aber stetig Risse, bis aus Dialog…

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Gewittertag

Für den Schreibenden ist ein Gewittertag in erster Linie ein Urlaubstag: Der Computer bleibt zu seinem eigenen Schutz ausgeschaltet, eMails müssen geduldig im elektronischen Briefkasten warten. Die Arbeit findet auf Papier statt, das sinnliche Kratzen von Kugelschreiber, Bleistift und Füller ersetzt das nervös fordernde Klicken der Tastatur – das Leben tut es der wärmemüden Luft gleich und atmet durch. Es ist die Gelegenheit, vernachlässigte private Korrespondenz zu erledigen, für die Blogs einen Veröffentlichungsplan aufzustellen, eine Liste der unumgänglichen Weihnachtsgeschenke zusammenzustellen – oder auch Artikel auf Vorrat zu verfassen, damit die Blogs in arbeitsintensiveren Zeiten nicht ganz verwaist bleiben. Alle diese Kleinigkeiten, die…

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Warum die Jahreszeiten für Künstler so wichtig sind

Wer regelmäßig im Blog vorbeischaut, merkt bald, dass Einträge nicht selten das Wetter und die Jahreszeiten zum Thema haben. Leicht könnte der Eindruck entstehen, meteorologische Beschreibungen seien mein eigentliches Betätigungsfeld. Dass solche Dinge in der Tat eine große Rolle spielen, hat mit den eigenen Gesetzen des Schreibprozesses zu tun. Zum einen liegt es in der Natur der Sache, dass – von Recherchen abgesehen – der Vorgang des Schreibens sich mehrheitlich in den eigenen vier Wänden abspielt. Wer ernsthaft schreibt, verlässt das Haus manchmal über Wochen oder Monate nicht oder nur sehr wenig, d.h. nur sehr sporadisch und nur sehr kurz.…

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