Es ist schwer zu sagen, welche Zutat für den unverwechselbaren Geruch, der an Orten des Sommers jeden Tag, von den mittleren Morgenstunden bis in den späten Abend, die Stadt erfüllt und begleitet, die größte Rolle spielt. Sobald die geographische Grenze überschritten ist, die den Norden vom Süden trennt, ist er allgegenwärtig: Am Straßenrand der langen Autofahrten, die zum ersehnten Ziel führen werden, an den kleinen improvisierten Haltepunkten der Bergserpentinen und ihren nicht immer ganz legalen Verkaufsständen, auf Marktplätzen, an den Stammtischen der Fernfahrerlokale, an Tankstellen, an den Strandbuden und Restaurant-Terrassen gehen Kartoffeln, Salz und Öl hier eine olfaktorische Verbindung ein, die nirgends sonst so lebendig ist.
Es scheint, als seien Pommes frites überall und zu allen Stunden da. Manch einer macht sich ein Spiel daraus, die zahllosen Aushänge zu zählen, die sie so unermüdlich wie unnötig feilbieten.
In dieser Allianz aus Kartoffeln und Frittierfett mischen sich zuweilen Rosmarin, hie und da noch andere Kräuter. Hierin liegt wohl der Unterschied zwischen ihrer einfachen, robust aufdringlichen und der leichtfüßigeren, qualitativ gehobeneren Version, die mitunter auch die vertraute Form verlässt und sich in den vermeintlich edleren Mantel keilförmiger Mondviertel kleidet.
Doch so oder so: Pommes frites sind das Salz und die Währung des Sommers, mit der sich Eltern Ruhe und Frieden, Teenager sündige Freiheit, Autofahrer Energie für weitere Stunden am Steuer erkaufen und Camper die magere Urlaubskasse schonen, die Raststätten, Kiosken und Hotels mit geringem Aufwand und ohne jedes Risiko zu einem spielend erwirtschafteten und reichlichen Einkommen verhilft. Sie sind das, was für Käufer und Verkäufer gleichermaßen immer geht.
Und bei alledem sind sie mehr als eine ungesunde und vernunftferne Ernährungsoption, mehr als eine Notlösung. Sie versinnbildlichen geradezu, was den Sommer ausmacht. Mit ihrer handfesten Unkompliziertheit, der permanenten Präsenz ihres penetranten Geruchs, ihrer goldenen Farbe, ihrer besteckfreien Verspieltheit schaffen sie an Orten des Sommers selbst für diejenigen, die sie nicht verzehren, bleibende Erinnerungen, die für immer das ungetrübte Glück eines strahlend blauen Himmels, eine würzige Landschaft, das Salz auf der Haut in sich einschließen. Pommes frites sind an Orten des Sommers das Selbstverständliche, Verbindende, Universale.
Ihr Geruch, der die Hitze zu umhüllen scheint, kommt mit den Touristen und verschwindet mit ihnen wieder. Mancherorts wirkt seine übergriffige Gegenwart wie eine Heimsuchung, die mit dem Einläuten des Herbstes endlich von dannen zieht. Er verabschiedet sich erst wirklich, wenn die fremden Sprachen die Stadt verlassen haben. Doch letztlich gehört er hierher und dazu und kommt deshalb im nächsten Jahr mit der Zuverlässigkeit der Jahreszeiten wieder. Vielleicht liegt es daran, dass hier, an Orten des Sommers, nichts zerredet und bewertet werden muss, dass hier das Einfache, das Unkomplizierte zu Hause ist.