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Klang:Farbe – Textbeispiele

LAKE
Trockene Zweige brechen knisternd in der windstillen Luft. Der lautlose Schritt hält augenblicklich inne. Filigrane Gräser säumen golden noch das Ufer, graue Halme durchbrechen vergessen das Eis. Gleichgültige Raben schweben träge über einem verschwommenen Bauernhof hinter braunen Bäumen. Der glasklare Hall ihres fernen Schreies stört die Ruhe des Himmels nicht. Vor der magischen Perfektion der scheinbar unendlich blauweißen Fläche schmerzt der Atem. Feuchte von Milch und Vanille weht aus der Erinnerung her.

ORAGE
In großzügigen Wogen erhebt sich die Luft und streichelt warm und weich die Haut. Das Gras strahlt saftig-grün, Zweige leuchten silbrig und irreal im vibrierenden Indigo. Hoffnungsvoll lauscht der Mensch den nervösen Vögeln. Der Staub duftet heiß unter ersten Tropfen. Fernes Grollen unterstützt vertraut die schützende Stille. Dankbar, wortlos und beschwingt sinken die Schultern herab und leben für den Augenblick die liebevolle Berührung eines blauen Windes, ehe sie sich dem sinnlichen Adagio sprunghafter Flammen hingeben. Leichtigkeit durchflutet das perfekte Schweigen.

BAKERY
In der warmen holzigen Luft staubt es aus vergangenen Zeiten. Golden runde Formen duften milchig, saftig, präsent. Der dumpfe Klang einer gewachsten Schublade ermahnt quietschende Körbe sanft zur Ordnung. Jenseits der beschlagenen Scheibe mit dem vergessenen weißen Schriftzug scheint die Welt der schnellen Passanten in ihrer nassgrauen Unerbittlichkeit unendlich fern. Gedämpfte Stimmen, hell und freundlich, versprechen Zuflucht. Sanftes Rascheln von Papier und Teig, flüsternd-verspielt plätschernder Kaffee erschaffen ihre geborgene, handfeste Wirklichkeit. Aus sonnigen Ländern rufen leise Vanille und Mandeln.

AUFZEICHNUNGEN
Seite um Seite, in ruhigen, gepflegten Zeilen wurde das dicke Heft gefüllt. Die charmant zurückhaltende Handschrift ist bescheiden und liebevoll. Sachliche Faszination, der leidenschaftliche Wunsch, den flüchtigen Augenblick festzuhalten, zu schützen und zu bewahren, ein gerührter, aufmerksamer Respekt, tiefe Demut und ein bedingungsloses Pflichtgefühl haben den Stift geführt. Wie die Körnchen einer Sanduhr tröpfelten die Wörter Tag für Tag gleichmäßig und kostbar hierher, während die Tinte nach und nach verblasste und sich das Papier dem Ende neigte.